Diese Podcast-Folge beginnt diesmal mit einer Trigger-Warnung. Denn sie ist gespickt mit wirtschaftlichem Denken. Und mit der Kritik an in den Medien gehypten Marketing- (MLM) und Lebenskonzepten (Remote arbeiten unter Bali).
Auch wenn sich gerade die Welt in einer der größten Krisen seit langem befindet, sind Krisen für Unternehmen nichts ungewöhnliches und die Ursachen für Krisen sind vielfältig:
- Die Produkte und Dienstleistungen sind nicht mehr relevant
- Trends und Geschmäcker haben sich verändert
- Der technische Fortschritt ersetzt althergebrachte Produkte und Methode.
- Der Markt ist gesättigt und die Wettbewerber fressen sich gegenseitig die Haare vom Kopf
Aber daneben gibt es noch einen weiteren Krisenfaktor, den viele Selbstständige und Freiberufler übersehen: Die Glaubenssätze nach denen sie ihr Business ausrichten.
Glaubenssätze wie “Gewinn zu erwirtschaften ist unethisch”, “für meine Dienstleistung bezahlt eh niemand mehr”, “es gibt schon zuviele von mir”, “alle Kunden sind so” usw. sorgen häufig für ein nicht-wirtschaftlich ausgerichtetes und Angst getriebenes Handeln.
Aber geht Unternehmensführung auch anders? Ja. Denn auch Freiberufler und Solo-Selbstständige sind Unternehmer, sogenannte Einzelunternehmer, und daher auch in der Lage ihre Geschäftsaktivitäten zukunftsorientiert auszurichten.
Wie das für dich und dein Business in einer Krise aussehen kann
Vier Schritte sorgen dafür, dass dein Business zumindestens wieder auf Spur kommen kann oder geben dir ein erstes Gefühl dafür, ob es sich lohnt weiterhin an deinem Unternehmen festzuhalten. Denn wie das Sprichwort so schön sagt: “Die Dakota-Indianer sagen, wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab.” Und wenn unsere Selbstständigkeit unser “Baby” ist, fehlt manchmal auch der Abstand, um zu erkennen, wie unwirtschaftlich das eigene Vorhaben wirklich ist.
Wie sehen die vier Schritte aus?
- Mentale Hygiene
- Die Lage checken und sich ein realistisches Bild verschaffen
- Aufräumen und vorbereiten
- Strategische Arbeit an der Geschäftsweiterentwicklung.
Schritt 1: Mentale Hygiene
Vor allem in besonders kritischen Phasen, wie z.B. der aktuellen Situation, ist der erste Schritt Social Media-Detox. Keine Vergleiche, Panikmache oder billige MLM-Abzocke mehr. Braucht keiner in der Krise und bringt einen auch nicht weiter.
Von daher: Detox und Social Distancing. Auch online.
Du hast FOMO (fear of missing out)? Keine Sorge. Im Wesentlichen funktioniert Social Media ein wenig wie GZSZ, häufig die gleichen Stories, nur unterschiedliche Darsteller oder Charaktere. Und wenn es mal wirklich total heiß und relevant wird, informiert dich der Xing-Newsletter trotzdem.
Schritt 2: Die Lage checken und sich ein realistisches Bild verschaffen
Wenn alles über dir droht zusammenzubrechen und eine Schreckensmeldung die nächste jagt, ist vor allem eine Sache wichtig: Dir ein realistisches Bild zu verschaffen. Das bedeutet, einen Überblick zu bekommen, wie die Zahlen wirklich aussehen. Gefühle sind trügerisch, vor allem in Krisenzeiten.
Was dabei herauskommen kann, ist entweder die Version “Horror” oder Version “Temporär”.
In der Version “Horror” sieht das so aus: Du lebst von Rechnung zu Rechnung und sobald ein Auftrag wegbricht, dampfet die K***e fett.
Problemquelle dabei meist: Dein Business ist unwirtschaftlich. Und rentiert sich nicht.
Auch eine Ursache: Du gehst zu lax mit deinem Geld um. Sprich, du verfolgst deine Ausgaben nicht vernünftig, gibst Geld aus ohne deine Finanzen vorher kontrolliert zu haben oder lebst “auf großem Fuß”.
In der Version “Temporär” ist die Lage zwar auch angespannt, aber im wesentlichen hattest du immer mal wieder die Möglichkeit, dir Geld zurückzulegen.
Für beide Fälle gilt: Schreib dir komplett auf, was du gerade aktuell jeden Monat für welche Sache ausgibst. Kleinvieh macht auch Mist. Also nichts vergessen und alles drauf, egal wie weh das tut.
- Schreib dir deine aktuellen Kontostände, egal wie rot und minus, auf.
- Gleiches gilt für deine Kredit- und Verfügungslinie. Aufschreiben und Kosten dafür notieren.
- Schreib dir auf, wer von dir noch Geld bekommt.
- Schreib dir auf, wann Deadlines für Zahlungen sind.
- Schreib auch deine Reserven auf, Bausparverträge, Rentensachen, Sparbücher, alles, was du finden kannst.
- Finde außerdem heraus, wie schnell du an das Reserve-Geld rankommst .
Und zu allerletzt:
- Gehe durch deine Verträge und Verbindlichkeiten durch und schaue ins Kleingedruckte, ob du Beiträge Stunden kannst.
Das schlimmste Abwenden durch “um Hilfe bitten”
Danach schließt sich gleich schonmal die nächste Aufgabe an. Unangenehm, aber notwendig: Um Hilfe bitten, Hilfe erfragen, Hilfe suchen.
Mögliche Partner und Hilfsgeber können z.B.
- Banken,
- Vertragspartner,
- Familie & Freunde oder
- Fans (Patreon, PayPal-Button etc.)
sein.
Unterstützung ist dabei nicht nur finanziell gemeint, sondern kann auch sowas sein wie
- dich zu promoten und bekannter machen,
- deine Produkte und Dienstleistungen beim Bekanntenkreis des Hilfegebers vorstellen,
- Feedback zu deinen Produkten oder neue Produktimpulse geben,
- die Kinder betreuen, damit du Luft hast, andere Dinge zu tun,
- Austausch-Projekte, wie z.B. Foto-Austausch unter Fotografen etc.
Kreativität ist hier gefragt. Vergiss nicht deine ehemaligen Kunden: Zufriedene Kunden sind auch Fans deiner Marken und eine Fundgrube für Wissen.
Schritt 3: Das große Aufräumen
Es gibt eine ganze Reihe an Aufgaben, die jetzt wichtig sind. Wenn du der Abteilung “ich hangel mich von Rechnung zu Rechnung” angehörst, dann sind sicherlich ein paar Sachen liegen geblieben.
Hier eine Übersicht, was du jetzt machen kannst.
- Rechnungen schreiben und Offenstände einfordern
- Buchhaltung auf Vordermann bringen und so vorbereiten, dass man in der Theorie sofort seine Steuererklärung machen könnte
- Berichte für Einnahmen- und Ausgabenverläufe entwickeln, damit du deine Geschäftsentwicklung immer im Blick hast. Ja, auch als Solo-Selbstständiger oder Freiberufler.
- Ausgaben checken und optimieren:
Gibt es Ausgabe die entweder unnötig getätigt werden (Stichwort Lizenzen, die nicht mehr gebraucht werden),
Ausgaben die durch günstigere Ausgaben ersetzt werden können (z.B. große Adobe CC-Suite, obwohl man nur Photoshop und Lightroom nutzt) oder
Kosten, die du dir teilen kannst (z.B. das Büro nicht nur für dich alleine zu nutzen)? - Social Media-Accounts und deine Webseite aufräumen:
Alte Daten entfernen, neue Features nutzen, eventuell sogar Accounts schließen. - Bonus: Ist deine Web-Präsenz aufgeräumt und aktualisiert, hilft dir das genau das auch leichter gefunden zu werden. Stichworte sind hier z.B. den Fokus auf die Verbesserung der User Experience oder deine Suchmaschinen-Optimierung zu legen.
- Blick in die eigene Kundenkartei:
Welcher Kunde war für wie viel Umsatz verantwortlich?
Welche Dienstleistungen und Produkte wurden verkauft?
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Kunden?
Welche Kunden bereiten Bauchschmerzen, fallen mit schlechter Zahlungsmoral oder unangemessenen Forderungen auf? - Dienstleistungs- und Produkte-Check:
Was möchtest du wirklich verkaufen?
Welche Services vertreibst du gerne?
Wo musst du dich zu zwingen? - Nochmal bei ehemaligen Kunden checken, ob aktuell Bedarf für Dienstleistungen oder Produkte ist und auf neue Dienstleistungen und Produkte hinweisen
- Gang durch die Kundenkartei: Feedback bekommen, um Referenzen und Empfehlungen bitten, auf neue Produkte hinweisen
- Check der eigenen Geschäftsprozesse:
Wie kommunizierst du mit deinen (potentiellen) Kunden?
Wie schreibst du Rechnungen?
Wie läuft deine Werbung usw.
Machst du jedes Mal alles neu oder hast du bereits etablierte Routinen?
Schritt 4: Strategische Arbeit an der Geschäftsweiterentwicklung
Hier kommen Schritt 3 und 4 zusammen.
Wenn du noch keinen Business-Buddy oder Business-Bestie hast, ist jetzt der beste Zeitpunkt, um dir jemanden zu suchen, der dich unterstützt. Keine laufende “Du bist so toll”-Maschine, sondern jemand, der dich häufig genug auch herausfordert und kritisch hinterfragt.
Mit den ganzen Ergebnissen aus den vorherigen Schritten kannst du dir jetzt die Frage stellen “Wo muss ich nachschärfen?”.
Heißt konkret:
Angebote und Einpreisung
Stimmen Arbeitseinsatz (Zeit, Ressourcen, Technik) mit dem erwirtschafteten Betrag überein und hast du deine Preise vernünftig festgelegt?
Vernünftig heißt, dass du nicht nur deinen Einsatz (Material, Kosten für den laufenden Geschäftsbetrieb etc.) rausbekommst, sondern auch immer einen Anteil für deine Lebenshaltungskosten und Rücklagen.
Kundenkartei
Du hast viele Kunden, aber es bleibt monetär nichts hängen?
Produkt und Preise checken. Nochmal der Verweis auf die Ausgaben: Hast du alle Ausgaben optimiert?
Hier noch der Hinweis auf einen wunderbaren Artikel wie sich Stundensätze berechnen lassen von Lilli Koisser.
Dann haben deine Zahlen gezeigt, die Kunden zahlen, aber du hast einfach zu wenig Kunden? Dann überlege dir einen neuen Akquiseplan. Und zwar nicht nur für jetzt und einmalig, sondern überdenke, wie du das ganze Jahr über auf dich und deine Produkte aufmerksam machst.
Dein Produkt ist cool, findest du, aber bei den Kunden kommt es nicht an?
Dann nochmal zurück in die Marktbefragung und checken, ob die Leute das Produkt wirklich brauchen und auch nochmal überprüfen, ob du die Sprache deiner potentiellen Kunden sprichst. Entweder ist das Produkt an den Bedürfnissen deiner Kunden vorbei oder sie können dich nicht finden. Weil du zurecht von “Optimierung ihrer individuellen User Experience auf high-performanten AMPs” sprichst, aber deine Kunden nach “Anbieter für Optimierung unserer Smartphone-Seiten” sucht.
Mach den Bauch-Check: Hau aus deinem Angebotsprogramm raus, was dich auslaugt oder wo du dich wirklich zu zwingen musst. Auch wenn andere sagen, dass ist leicht verdientes Geld. Du bist nicht die anderen.
Geschäftsprozesse und Arbeitsweise
Mach dich startklar für die Zeit nach der Krise. Jetzt schaffst du dir Freiräume für später, um immer wieder Schritt 2 bis 4 durchführen zu können.
Was du tun kannst?
- Bereite dir Vorlagen vor, erstelle Geschäftsprozesse, strukturiere deine Arbeitsweise
- Erarbeite dir neue Skills, mit denen du deinen Geschäftserfolg sicherst
Das erstmal als kurze Mitschrift und Zusammenfassung der Podcast-Folge.
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